Liebe ambulante (und auch stationäre) Pflege,

nun ist sie also da…, genauer gesagt seit dem 01.09.2022: Die Tariftreueregelung durch das GVWG (wer es gerne nochmals ausgeschrieben lesen will: Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung).

Es war eigentlich ein so schöner und beruhigender Gedanke: endlich sollte der Streit um die „höheren Löhne und Gehälter der anderen Mitanbieter“ beendet sein…, alle Pflege- und Betreuungskräfte würden endlich anständig vergütet werden…, und wir könnten uns endlich auf unsere primäre Aufgabe der Klientenversorgung konzentrieren, und nicht der Diskussion, wer warum nun wo was mehr bzw. weniger vergütet.

Leider weit gefehlt…, denn die Praxis hat gezeigt, dass es auch der Politik eben doch nicht so einfach möglich ist, sich zum einen über die Tarifautonomie in Deutschland (immerhin im Grundgesetz verankert!) hinweg zu setzen und ein „Einheitslohnsystem“ für eine ganze Branche bundesweit zu diktieren!

Schließlich gibt es in der BRD wohl knapp an die 100 (?!) verschiedenen Tarifverträge…, und die sind teilweise nicht mal bundeseinheitlich ausgestaltet! Ergo: im Endeffekt sind wir also weit weg von „alle gleich“! Zumal sich auch noch herausgestellt hat, dass ja nicht jeder Leistungsanbieter auch direkt ein Tarifvertragspartner werden kann, sondern er sich nur an einen Tarifvertrag „anlehnen“ kann…, und damit weder mitverhandeln kann, noch informativ vollumfänglich versorgt ist.

Also musste ein weiteres Konstrukt heran: das „regional übliche Entgelt“ wurde geboren und soll es sodann richten! Das bedeutet, dass sich ein Anbieter an den von den Pflegekassen veröffentlichen „Durchschnittsbetrag“ des zu zahlenden Stundenlohns halten soll. Nicht nur pro Qualifikationsbereich der Mitarbeiter, sondern auch im Schnitt über alle (relevanten) Pflegekräfte!

Da muss man schon verdammt gut in seine „Zukunfts-Glaskugel schauen“, um heute abzuschätzen, wie es später einmal sein wird! Zumal derzeit nicht klar ist, „wie“ und „über welchen Zeitraum“ der Nachweis zu erbringen sein wird! Mir persönlich ist keine andere Branche bekannt, bei der so weitreichend und invasiv in das unternehmerische Handeln und die unternehmerische Freiheit eingegriffen wird…, und die Frage nach der Rechtmäßigkeit dieses Eingriffes ist auch noch nicht letztendlich geklärt. Trotzdem ist es ein Fakt, an den wir uns halten müssen.

Fakt ist aber auch, dass der Gesetzgeber bei seiner „Tariftreueregelung“ nur die Pflegekräfte im Auge hatte, die „mindestens 50 % ihrer Arbeitszeit im SGB XI „Pflegeversicherung“ tätig sind. Die Fachkräfte, die überwiegend Behandlungspflege nach SGB V machen (und wo der meiste Sachverstand gebraucht und von den Kostenträgern gefordert ist), sind streng genommen aus der Tariftreueregelung ausgenommen! Ebenso sind auch die examinierten Leitungskräfte, wie z.B. die Pflegedienstleitung sowie deren Stellvertretung und andere Leitungskräfte von der Tariftreue ausgenommen.

Im Endeffekt würde das bedeutet, dass man mit 2 „Entlohnungssystemen“ arbeiten müsste! Wer denkt sich denn bitte sowas aus???

Wir haben uns dafür entschieden, dass alle Mitarbeiter bei uns nach demselben Lohnsystem vergütet werden. Denn gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden…, egal ob es sich um eine grundpflegerische Tätigkeit, eine Behandlungspflege, als auch um die Organisation und Führung der Abteilung handelt.

All dies sorgt dafür, dass unser finanzieller Spielraum weiter eingegrenzt wird und wir unsere Strukturen und Prozesse ständig anpassen und optimieren müssen, um zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn schon heute erreichen uns die ersten Anrufe von Klient:innen, die uns mitteilen, dass ihr Pflegedienst seinen Betrieb eingestellt hat, da er den Vorgaben und Anforderungen nicht gerecht werden kann oder will.

Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die aktuellen Rahmenbedingungen den Betrieben noch ausreichend „finanzielle Luft zum Atmen“ gelassen hat, oder aber doch deutlich nachgebessert werden muss.

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Gesetzgeber seiner Pflicht um eine vernünftige und qualitativ angemessene Versorgung seiner Bürger nicht aus den Augen verliert und seine ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auch einsetzen wird, um den Kostenträgern verbindliche Handlungsanweisungen zu geben, die sie dann auch umsetzen müssen.

Es mag sicherlich ein wenig dauern, bis sich der Engpass so stark abzeichnet und „von oben“ erkannt wird, dass es nicht damit getan ist „Löhne und Gehälter“ vorzuschreiben, ohne auch zu erkennen, dass diese entsprechend refinanziert werden müssen.

Und ja…, ALLEN Anbietern (private sowie nicht private!) muss es ermöglicht werden, durch ihr wirtschaftliches Handeln Gewinne zu erzielen, aus denen sie Rücklagen bilden und Investitionen tätigen können. Wenn dieses nicht gewünscht sein sollte, dann muss der Staat das auch so sagen und für eine Verstaatlichung der Pflege sorgen und die Verantwortung dafür tragen!

Derzeit wird leider wieder einmal „halbherzig“ gehandelt: es werden staatliche Vorgaben gemacht; das wirtschaftliche Risiko wird jedoch auf „Andere“ abgewälzt. Das ist weder fair noch gerecht und wird sich langfristig nicht durchsetzen können.

Hier wünsche ich mir eine ehrlichere und offenere Kommunikation auch seitens des Gesetzgebers, um die wahren Engpässe zu verdeutlichen und die Bereitschaft aller Beteiligten, wirtschaftlich vernünftige und machbare Lösungen zu schaffen, die nicht von „Besitzstandsinteressen“ getrieben sind.

Sie wollen mehr über dieses Thema wissen und schauen, ob wir Ihnen einen ansprechenden Arbeitsplatz anbieten können? Kommen Sie einfach vorbei, um näheres mit uns abzusprechen…, wir freuen uns auf Sie!

Herzlichst

Ihr Wolfgang Schloh